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  4. Kamala Harris: Sie will mit Joe Biden das Weisse Haus erobern
Kamala Harris schreibt Geschichte

Die erste weibliche und schwarze Vizepräsidentin

Ihre Mutter kommt aus Indien, ihr Vater aus Jamaika. Auf der multikulturellen Kamala Harris ruhen viele Hoffnungen. Mit dem Einzug von Joe Biden ins Weisse Haus wird Harris die erste Frau als Vizepräsidentin der USA – und dereinst vielleicht sogar die erste US-Präsidentin überhaupt.

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DUBUQUE, IOWA - JUNE 10: Democratic presidential candidate and California senator Kamala Harris speaks to guests during campaign stop at the Convivum Urban Farmstead on June 10, 2019 in Dubuque, Iowa. Yesterday Harris joined 19 other candidates seeking the Democratic presidential nomination at the Democratic Party’s Hall of Fame Dinner in Cedar Rapids.  (Photo by Scott Olson/Getty Images)

Kamala Harris, 55, ist bekannt als gradlinige, taffe Politikerin. Als schwarze Frau in den USA musste sie stets kämpfen.

Getty Images

Joe Biden hat es geschafft. Er sichert sich in den entscheidenen «Swing States» so viele Stimmen, dass ihn der bisherige Amtsinhaber Donald Trump gemäss Prognosen von US-Medien nicht mehr aufholen kann – und wird so der 46. Präsident der USA. Wenn Biden ins Weisse Haus einzieht, folgt ihm auch Kamala Harris, 55, als Vizepräsidentin. Harris wird zur ersten Frau und ersten Schwarzen in diesem Amt.

Schon die Kandidatur der kalifornische Senatorin schrieb Geschichte: Erstens war eine schwarze Frau noch nie «running mate», zweitens wird Biden kaum für eine weitere Amtszeit kandidieren. Dafür ist er schlicht zu alt. Kamala Harris hätte 2024 dann gute Chancen, die erste US-Präsidentin zu werden. Zudem rückt sie nach, sofern Biden während seiner Amtszeit etwas zustossen sollte.

Familienliebe: Kamala  Harris mit Stiefsohn  Cole (l.), Ehemann  Douglas Emhoff und  Stieftochter Ella.

Familienliebe: Kamala Harris mit Stiefsohn Cole (l.), Ehemann Douglas Emhoff und Stieftochter Ella.

Twitter/Kamala Harris

Harris vertritt nicht nur Afroamerikaner, ihr Hintergrund ist multikulturell: Die Mutter, Shyamala Gopalan, kam 1938 in Madras, Indien, zur Welt, im heutigen Chennai. Eigentlich sollte sie einen von ihrer Familie ausgewählten Mann heiraten. Doch als die University of California in Berkeley Gopalan annimmt, schicken die Eltern sie ins Land der unendlichen Möglichkeiten. Auf dem Campus lernt sie den Jamaikaner Donald Harris kennen – und lieben. Sie engagiert sich in der Krebsforschung, er wird Wirtschaftsprofessor der weltweit renommierten Universität in Stanford. 1964 bekommen sie ihre erste Tochter: Kamala, was auf Sanskrit «Lotusblüte» bedeutet. Drei Jahre später folgt Schwesterchen Maya. Als Kamala sieben ist, lassen die Eltern sich scheiden.

Die Kinder besuchen regelmässig die Baptisten-Kirche ihres Vaters. «Wir lernten, uns um die Schwächsten zu kümmern», sagt Kamala Harris. «Und im Chor sang ich davon, wie Glaube und Entschlossenheit uns stets durch schwere Zeiten führen.» Gleichzeitig nimmt die Mutter sie mit in einen Hindutempel, «damit wir sehen, dass jeder Glaube uns lehrt, nach Gerechtigkeit zu streben».

UNITED STATES - JANUARY 03: Vice President Joe Biden administers an oath to Sen. Kamala Harris, D-Calif., during swearing-in ceremony in the Capitol's Old Senate Chamber, January 03, 2016. Her husband Douglas Emhoff holds the bible. (Photo By Tom Williams/CQ Roll Call)

Liebe zum Land: Kamala Harris wird 2016 als Senatorin vereidigt. Gatte Douglas hält die Bibel, Vizepräsident Joe Biden gratuliert.

Getty Images

Nach dem tragischen Tod von George Floyd durch Polizeigewalt und den darauffolgenden Anti-Rassismus-Protesten war Joe Bidens Entscheidung für Harris eine taktische. Trump, der sich wenig empathisch gegenüber der Black-Lives-Matter- Bewegung zeigte, konnte keine Mehrheit unter den Afroamerikanern erwarten. Und sein Kalkül scheint nun aufzugehen.

Doch sein Konkurrent Joe Biden hat bezüglich Rassismus selbst einen «Tolggen» im Heft. 1972 wird er 30-jährig Senator des Kleinstaates Delaware. Damals spricht er sich gegen staatliche Massnahmen aus, um die Durchmischung von Weissen und Schwarzen zu fördern. Etwa gegen den Transport von schwarzen Schülerinnen und Schülern in von Weissen dominierte Schulen. Genau von einem solchen Programm profitiert die junge Kamala Harris. In den Vorwahlen der Demokraten wirft sie Biden öffentlich vor, sich in den 70er- und 80er-Jahren prominent gegen genau diese Integrationsmassnahme gestemmt zu haben. Sie scheint es ihm heute verziehen zu haben. Er hofft, dass das schwarze Wählervolk es ihr gleichtut.

Kamala Harris  This Dec. 25, 1968 photo provided by the Kamala Harris campaign shows her with her sister, Maya, on Christmas. (Kamala Harris campaign via AP)

Schwesternliebe: An Weihnachten 1968 strahlt Harris, damals 4, mit ihrer Schwester Maya, 1, um die Wette.

keystone-sda.ch

«Kamala Harris ist mehr als bereit für den Job an Joe Bidens Seite»

Barack Obama
Kamala Harris  In this undated photo provided by the Kamala Harris campaign in April 2019, Shyamala Gopalan Harris, 25, holds her baby, Kamala. (Kamala Harris campaign via AP)

Mutterliebe: Shyamala Gopalan Harris schöppelet Klein Kamala. Die gebürtige Inderin stirbt 2009 im Alter von 70 Jahren.

keystone-sda.ch

Harris studiert erst Politik und Wirtschaft, später holt sie ein Jurastudium nach und mausert sich zur Staatsanwältin von Kalifornien – ebenfalls als erste Frau und erste Schwarze. Dort erlangt sie den Ruf als taffe Strafverfolgerin von Pädophilen und intransparenten Tech-Giganten. Nach der US-Immobilienkrise 2008 erreicht sie, dass Banken einen Hilfsfonds für Betroffene mit 20 statt nur 4 Milliarden Dollar ausstatten.

Da knüpft sie den ersten Kontakt zur Familie Biden. Joes ältester Sohn Beau ist ebenfalls als Staatsanwalt tätig, eine Freundschaft entsteht. Diese dürfte Harris bei der jetzigen Nominierung einen Bonus verschafft haben. 2015, im Alter von 46 Jahren, stirbt der Biden-Sohn an einem Hirntumor. Am Sterbebett verspricht sein Vater, dass er nach zwei gescheiterten Kandidaturen nun ein drittes Mal den Einzug ins Weisse Haus versuche.

November 27, 2019 - Des Moines, Iowa: Senator Kamala Harris (D-CA.) talks about cooking Thanksgiving dinner to members of the media at a friend's home. Harris is a candidate for president and has been campaigning in Iowa who will hold their first in the nation caucus on Feb. 3. (Jeff Topping/Polaris) (FOTO:DUKAS/POLARIS)

Die Senatorin ist leidenschaftliche Köchin. Ihr Signature Dish ist Roast-Chicken. «Aus Brathähnchen mache ich ohne Problem drei verschiedene Gerichte.»

Dukas

Die Vollblutpolitikerin hält ihr Privatleben lange von der Öffentlichkeit fern. Ihr werden mehrere Liebschaften nachgesagt, den Schritt zum Altar wagt sie aber nie. Bis eine gute Freundin ein Blind Date mit Douglas Emhoff organisiert. Er ist ein jüdischer Anwalt aus Hollywood und nur sieben Tage älter als Harris. Es funkt, im März 2014 geht er vor ihr mit einem diamantversehenen Platinring auf die Knie, und vier Monate später geben sie sich das Jawort. Harris’ Schwester Maya, ebenfalls eine Juristin, führt die Trauung durch. Mit dabei: Emhoffs Kinder aus erster Ehe, Cole und Ella. Harris, die selber nie ein Kind bekam, versteht sich prächtig mit ihnen. Ihre Stiefmutter nennen die beiden liebevoll «Momala».

Senator Kamala Harris, a Democrat from California and 2020 presidential candidate, left, and her husband Douglas Emhoff, center, attend the San Francisco Pride Parade in San Francisco, California, U.S., on Sunday, June 30, 2019. Harris's profile has risen since Thursday's debate, where she challenged former Vice President Joe Biden's record of opposing federal mandates to desegregate schools through the use of busing. Photographer: David Paul Morris/Bloomberg via Getty Images

Kamala Harris und ihr Mann fordern an der Pride in San Francisco mehr Toleranz für LGBTIQ*-Menschen.

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Kamala Harris erfährt von vielen Seiten Unterstützung. Ex-Präsident Obama sagt: «Ich kenne Senatorin Harris schon lange. Sie ist mehr als bereit für den Job.» Dem stimmt Obamas ehemalige Wahlkämpferin in der Schweiz, Renée Rousseau, 52, zu. Harris sei zudem fähig, Biden zu ersetzen, sollte dem 77-Jährigen etwas zustossen.

Rousseau freut sich, dass die Senatorin das zukünftige Amerika repräsentiert. «Eine Nation von Erst- und Zweitgenerationskindern von Immigranten, viele aus gemischten Kulturen wie Kamala.» Auch Prominente freuen sich über Bidens Entscheidung. Popsängerin Pink etwa vergoss Freudentränen, wie sie auf Twitter verrät. Und Schmusesänger John Legend freut sich jetzt schon, das «Biden-Harris-Ticket» zu wählen, damit sie Amerika aus der aktuellen «Albtraum-Präsidentschaft» aufwecken.

Von Onur Ogul am 13. August 2020 - 16:35 Uhr, aktualisiert 7. November 2020 - 18:30 Uhr